VDE-AR-N 4105
Power für das Niederspannungsnetz
Anforderungen für den Anschluss von Erzeugungsanlagen
Die Anwendungsregel kompakt erklärt
Die Anwendungsregel VDE-AR-N 4105:2018-11 legt in Verbindung mit der VDE-AR-N 4100:2019-04 die technischen Anforderungen für Erzeugungsanlagen und Energiespeicher fest.
Die aktuelle VDE-AR-N 4105:
- fasst die wesentlichen Gesichtspunkte zusammen, die beim Anschluss von Erzeugungsanlagen an das öffentliche Niederspannungsnetz des Netzbetreibers zu beachten sind.
- dient gleichermaßen dem Netzbetreiber, dem Hersteller wie auch dem Errichter als Planungsunterlage und Entscheidungshilfe. Außerdem erhält der Betreiber wichtige Informationen zum Betrieb solcher Anlagen.
- ist anzuwenden für Erzeugungsanlagen und Energiespeicher, die neu an das Niederspannungsnetz angeschlossen werden, sowie bei der Erweiterung oder Änderung bestehender Anlagen.
Für einen bestehenden, unveränderten Teil der elektrischen Anlage gibt es seitens dieser VDE-Anwendungsregel keine Anpassungspflicht, sofern eine sichere und störungsfreie Stromversorgung sichergestellt ist. Dies gilt für alle Erzeugungsanlagen und Energiespeicher, die parallel mit dem Niederspannungsnetz des Netzbetreibers betrieben werden, sowie auch für solche, die nicht in das Niederspannungsnetz des Netzbetreibers einspeisen. - führt die dynamische Netzstützung neu ein. Hiermit soll eine Netzinstabilität bzw. Netztrennung verhindert werden, d. h. dass eine ungewollte Abschaltung als Folge von kurzzeitigen Spannungseinbrüchen oder Spannungserhöhungen verhindert wird.
- gilt für Photovoltaikanlagen, KWK-Erzeugungsanlagen, Energiespeicher, Wind- und Wasserkrafterzeugungseinheiten, Stirlinggeneratoren, Brennstoffzellen und direkt mit dem Netz gekoppelte Asynchrongeneratoren mit einer Summenwirkleistung (Σ PAmax) bis 135 kW, die unabhängig von der Spannungsebene am Nieder- bzw. Mittelspannungsnetz angeschlossen werden. Für Erzeugungsanlagen und Energiespeicher mit einer Wirkleistung (Σ PAmax) zwischen 135 kW und 950 kW ist die Erfüllung der Anforderungen der VDE-AR-N 4110:2018-11 (ehemals BDEW-Richtlinie) nachzuweisen.
Bei Erzeugungsanlagen werden laut VDE-AR-N 4105 zwischen Asynchrongeneratoren (ASG) vom Typ 2 und Synchrongeneratoren (SG) vom Typ 1 unterschieden. Nach der Norm ist es zulässig, Erzeugungsanlagen vom Typ 2 mit einer maximalen Wirkleistung (Σ PAmax) < 135 kW und einer zusätzlich synchronen Wirkleistung vom Typ 1 zu betreiben (siehe Abbildung).
VDE-AR-N 4105: Hager Systemlösungen zur Einhaltung der Norm
Netz- und Anlagenschutz / NA-Schutz:
Eine wesentliche Anforderung der VDE-AR-N 4105
Der zentrale Netz- und Anlagenschutz wird laut Norm für Erzeugungsanlagen mit einer maximalen Scheinleistung (Σ SAmax) > 30 kVA gefordert. Dieser ist in der Regel – sofern keine Ausnahme vorliegt – im Verteilerfeld des zentralen Zählerplatzes zu installieren.
Dieser Schutz kann beispielsweise mit dem Hager Netzentkupplungsrelais EU400 erreicht werden. Das Gerät überwacht Spannung und Frequenz in Dreh- und Wechselstromnetzen und wirkt direkt auf den zentralen Kuppelschalter (z. B. Schütz, Leistungsschalter mit Motorantrieb) und im Fehlerfall direkt auf den Wechselrichter.
Das Relais löst aus, wenn definierte Grenzwerte einer Spannungs- oder Frequenzsteigerung überschritten bzw. unterschritten werden. Die Grenzwerte für verschiedene Anwendungen sind voreingestellt. Sie können – soweit zulässig – einfach geändert werden. Mit einem 2-stufigen Test können beide Auslösekreise getrennt geprüft und die Schaltzeit angeschlossener Kuppelschalter ermittelt werden. Zudem kann mit dem Standby-Eingang E1-E2 eine Fernabschaltung realisiert werden (beispielsweise mit einem Rundsteuerempfänger).
Das Hager Netzentkupplungsrelais EU400 entspricht den Bedingungen für den zentralen NA-Schutz nach VDE-AR-N 4105:2018-11 in Eigenerzeugungsanlagen für die Einspeisung ins Niederspannungsnetz. Für diese Anwendungsregel wurden in Programm 2 des Geräts entsprechende Parameter hinterlegt sowie die Überwachung des Kuppelschalters und der Schutz von Parametern entsprechend angepasst.
Für die Einspeisung ins Mittelspannungsnetz nach VDE-AR-N 4110:2018-11 eignet sich das EU400 als Einheitenschutz an den Erzeugungseinheiten. Dieser kann als zwischengelagerter und auch als übergeordneter Entkupplungsschutz zwischen 135 und 950 kW Wirkleistung eingesetzt werden, sofern kein Q-U-Schutz vom VNB gefordert wird (Als Beispiel zur AR-N 4110:2018-11 siehe Abbildung).
Das Gerät ist zweikanalig einfehlersicher ausgeführt und erfüllt damit die aktuellen Forderungen. Bei aktivierter Überwachung des angeschlossenen Schalters schaltet das Gerät bei einem erkannten Abschaltfehler nicht wieder ein; bei Einschaltfehlern werden Wiedereinschaltversuche unternommen, um so für eine erhöhte Verfügbarkeit der Anlage zu sorgen.
Auf einen Blick:
Besondere Merkmale des Hager Netzentkupplungsrelais EU400
- Selbstüberwachung / Einfehlersicherheit
- 2-stufiger Passwortschutz / Plombierung
- Prüftaste wirkt auf beide Auslösekreise getrennt (Kuppelschalter / Wechselrichter)
- definierte Grenzwerte für Spannung, Frequenz, Zu- und Abschaltzeiten
- Zertifikat für VDE-AR-N 4105:2018-11 + 4110:2018-11 (Mittelspannung)
Kuppelschalter für den Anschluss der Erzeugungsanlage
an das Niederspannungsnetz
Für den Anschluss der Erzeugungsanlage an das Niederspannungsnetz des Netzbetreibers oder an die Kundenanlage ist ein Kuppelschalter zu verwenden. Der Kuppelschalter wird vom NA-Schutz (Netz- und Anlagenschutz) angesteuert und löst automatisch aus, wenn mindestens eine Schutzfunktion anspricht.
Folgende Kriterien sind bei der Installation zu beachten:
- Als Kuppelschalter kann ein zentraler Kuppelschalter (z.B. Schütz, Leistungsschalter) oder die zertifizierten Schalteinrichtungen der einzelnen Erzeugungseinheiten (integrierter Kuppelschalter) verwendet werden.
- Bei Erzeugungsanlagen mit einer Scheinleistung (Σ SAmax) ab 30 kVA ist ein zentraler NA-Schutz (Netzentkupplungsrelais) gefordert.
- Der Schutzeinrichtung, bestehend aus Netzenkupplungsrelais und Kuppelschalter, muss zur Dynamischen Netzstützung ausgelegt sein und unverzögert, im Rahmen der FRT-Grenzkennlinie (Fault-Ride-Through), auslösen
Dynamische Netzstützung
Für Erzeugungseinheiten und Speicher gelten folgende Bedingungen: Solange die an der Erzeugungseinheit oder dem Speicher anliegenden Außenleiter-Neutralleiter-Spannungen innerhalb der geforderten Grenzkurven liegen, darf es im gesamten Betriebsbereich der Erzeugungseinheit als auch des Speichers nicht zur Netzinstabilität bzw. Netztrennung kommen. Kuppelschalter müssen bei Unterspannung bis zu drei Sekunden gestützt werden, um Netzwischer auszugleichen.
Um eine Fehlfunktion bei Unterspannung zu vermeiden, ist der Einsatz einer geeigneten Hilfsnetzversorgung für den Betrieb des Leistungsschalters bzw. Schützes zu empfehlen. Hierzu eignet sich die Spannungsversorgung HTG911H (24 V DC ) von Hager. Der Kuppelschalter ist am zentralen Zählerplatz oder dezentral in einem dafür geeigneten Stromkreisverteiler zu installieren.
Je nach Netzsystem ergeben sich unterschiedliche Anforderungen an den Kuppelschalter:
- Im TN-System sind drei Außenleiter zu schalten.
- Im TT-System ist allpolig zu schalten (die drei Außenleiter und der Neutralleiter).
- Im "Inselnetzbetrieb" kann der Kuppelschalter die Netztrennfunktion übernehmen, somit ist allpolig zu schalten.
Netzsicherheitsmanagement / Einspeisemanagement
zur Leistungsreduzierung
Zur Vermeidung von Netzüberlast müssen Erzeugungsanlagen in ihrer Wirkleistung beschränkt werden. Dies kann wie folgt geschehen:
- Erzeugungsanlagen bis 30 kWp können sich wahlweise am Netzsicherheitsmanagement / Einspeisemanagement beteiligen oder ihre Einspeiseleistung dauerhaft auf 70 Prozent der Erzeugungsleistung beschränken*.
- Anlagen über 30 kWp müssen über eine ferngesteuerte Leistungsreduzierung verfügen.
- Bei Anlagen über 100 kWp ist der Abruf der Ist-Einspeiseleistung gefordert.
Eine Steuerleitung vom NA-Schutz bzw. Netzsicherheitsmanagement zur Erzeugungsanlage ist zu empfehlen.
* 70-Prozent-Regel
Konkret bedeutet diese Forderung, dass Anlagenbetreiber, die nicht am Einspeisemanagement teilnehmen, dauerhaft höchstens 70 Prozent der installierten Leistung einspeisen dürfen. Um 100 Prozent der Leistung dauerhaft einspeisen zu dürfen, benötigt man ein Einspeisemanagement und einen Rund-Steuer-Empfänger zur Abregelung durch den VNB (siehe Abbildung).
Auslegung der Anlagen:
Direkt- oder Wandlermessung
Direktmessung
Die Direkt- bzw. Wandlermessung wird entsprechend den Vorschriften des zuständigen VNBs ausgelegt und muss immer mit dem zuständigen VNB abgestimmt werden.
Generell gilt:
- Direktmessung < 30 kW
- Wandlermessung zwischen 30 kW und 135 kW
Direktmessung
- < 30 kWp: nur ein Zähler für Bezug und Lieferung (Zweirichtungsmessung)
- > 30 kWp: Es ist ein zusätzlicher Erzeugungszähler mit Rücklaufsperre erforderlich (Wandlermessung).
- ≥ 20 kW bis < 30 kW: Die PV-Verdrahtung muss mit mindestens 16 mm² Leitungsquerschnitt realisiert werden.
Netzsicherheitsmanagement zur Leistungssteuerung
- Einspeisemanagement (Sollwert: 0 %, 30 %, 60 %, 100 %)
- oder 70-Prozent-Regel, am Wechselrichter begrenzt
Wandlermessung
Bei Anlagen zwischen 30 kW und 135 kW ist zu beachten, dass nach der VNB-Wandlermessung ein zentraler NA-Schutz, ein Kuppelschalter mit der entsprechenden Versorgung sowie ein Netzsicherheitsmanagement zur Leistungssteuerung (Sollwert: 0%, 30%, 60%, 100%) gefordert sind (siehe Beispiel).
Für Anlagen nach der VDE-AR-N 4110:2018-11 mit einer Wirkleistung (Σ PAmax) zwischen 135 kW und 950 kW vom Typ 2 (Asynchrongenerator, PV, Speicher) werden nach der VNB-Wandlermessung ein zentraler Entkupplungsschutz, ein Kuppelschalter mit der entsprechenden Spannungsversorgung sowie ein Netzsicherheitsmanagement zur Leistungssteuerung gefordert.
Bei Projektanfragen wenden Sie sich bitte an das Technische Service Center in Ihrer Nähe.
Hager Tipp 45
Hager Systemlösungen zur Einhaltung der VDE-AR-N 4105:2018-11 „Erzeugungsanlagen am Niederspannungsnetz“.